Die Murales von Orgosolo

zur Karte von Orgosolo

Murales in OrgosoloOrgosolo gilt immer noch als das berüchtigtste „Banditendorf“ Sardiniens. Lange Zeit wurde dieser Mythos gezielt von der Presse und einigen Reiseveranstaltern gefördert, um den zahlenden Touristen etwas zu „bieten“.

Heute kommen die meisten Besucher vor allem wegen den „Murales“- den berühmten Wandgemälden und wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Orgosolo.
In vielen anderen Orten der Insel gibt es ähnliche Malereien, Orgosolo hat aber mit Abstand die größte und interessanteste Sammlung vorzuweisen.

Das Banditentum ist inzwischen Geschichte, auch wenn gelegentlich einzelne Gewalttaten Schlagzeilen machen.
Neben Familienfehden, die wegen der Blutrache immer wieder auflebten, war es aber vor allem die pure Not, die viele Hirten zu Banditen werden ließ.

Orgosolo, eine Oase der RuheDas erste Wandgemälde entstand 1968, als eine Theatergruppe aus Mailand hier auftrat.
Anlässlich des 30. Jahrestages der Befreiung schufen Schüler im Jahr 1975 Flugblätter, die sie an die Wände klebten.
Themen waren der Vietnamkrieg, der Partisanenkampf während des Faschismus und lokale Ereignisse.

Dann begann der Kunstlehrer Francesco del Casino gemeinsam mit seinen Schülern die Bilder direkt an die Hauswände zu malen. Del Casino stammte aus Siena und lebte fast 20 Jahre in Orgosolo.
Später malten auch ortsansässige Künstler wie Pascale Buesca und sogar aus dem Ausland kamen Maler hierher.

ehemaliges Rathaus von OrgosoloThemen der Murales sind sowohl internationale Ereignisse und Probleme als auch Geschehnisse auf Sardinien.
Eines der wichtigsten ist der erfolgreiche Kampf der Bevölkerung um den Pratobello, der auch am ehemaligen Rathaus verewigt wurde. (Foto)
1969 hatte die NATO geplant, auf der Hochebene Pratobello einen Truppenübungsplatz zu errichten. Der Pratobello wurde jedoch schon seit Urzeiten als Weideland genutzt und die Bewohner von Orgosolo setzten sich zur Wehr: Straßen wurden blockiert, Wegweiser verdreht und Viehherden auf die Zufahrtswege getrieben.
Unterstützt wurde Orgosolo dabei nahezu von der gesamten sardischen Bevölkerung. Schließlich zog das Militär wieder ab und der erfolgreiche Kampf um den Pratobello wurde zum Symbol des sardischen Widerstandes.

Die Fassade und die Eingangstür des ehemaligen Rathauses sind von zahlreichen Einschusslöchern durchsiebt.

Murales Ein Wandgemälde der besonderen Art finden Sie an der Fassade der Bar „ziu Mesina“ – es zeugt von der Solidarisierung mit der RAF-Bewegung in Deutschland.

Die Büste des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt steht auf dem Grab von Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin.
(Diese hatten gemeinsam mit anderen in Stammheim Inhaftierten Selbstmord begangen, der als vom deutschen Staat inszenierter Mord hingestellt werden sollte.)

Murales von Orgosolo 9/11Beim Gang durch Orgosolo sollten Sie sich nicht nur auf die Hauptstraße beschränken, sondern auch ein paar Blicke auf die Fassaden der Nebenstraßen werfen.

Während es in den Neunzigern etwas ruhiger geworden war, sind in den letzten Jahren einige neue Murales dazu gekommen.
Thematisiert werden u. a. der Anschlag auf das World Trade Center und der anschließende Irak-Krieg.

Viele der alten Murales verblassen inzwischen leider.
Weil das touristische Potential inzwischen erkannt wurde, sind aber auch etliche Gemälde aufgefrischt worden.

Blick zum SopramonteAuch landschaftlich ist ein Ausflug nach Orgosolo ein Erlebnis. Sie können die Hochebene Pratobello besuchen und in den Wäldern der Umgebung schöne Wanderungen unternehmen.

Egal aus welcher Richtung Sie nach Orgosolo kommen, für die Rückfahrt sollten Sie genügend Zeit einplanen und die direkte Strecke nach Oliena nehmen. Die wenig befahrene Straße schlängelt sich durch eine herrliche Landschaft am Supramonte-Massiv entlang.
Bei meinem ersten Besuch 1997 war die Straße noch unbefestigt und die Fahrt schon etwas abenteuerlich. Inzwischen ist die Strecke jedoch durchgehend asphaltiert.

Am Ortsausgang Richtung Oliena kommen Sie an einem Aussichtspunkt vorbei.
Ein Stopp lohnt sich, denn von hier haben Sie einen schönen Blick in Richtung Supramonte und zur Straße nach Oliena.