Siniscola und Umgebung

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Siniscola

SiniscolaDie Kleinstadt ist das quirlige Zentrum der Region und bietet alle Versorgungsmöglichkeiten. Vor allem in den Vormittagsstunden der Werktage sind die Hauptstraßen völlig überfüllt.
Vom Tourismus spürt man nur wenig, hier sind die Sarden noch fast unter sich.
Das historische Zentrum rings um die Kirche San Giovanni ist ein buntes Ensemble aus einigen modernen Gebäuden und vielen historischen Häusern, die größtenteils schön restauriert sind.

Wenn Sie mit dem Auto hierher kommen, parken Sie ihr Fahrzeug am besten außerhalb des Zentrums und gehen zu Fuß weiter. (siehe Karte) Abseits der Hauptstraßen werden die Gassen so schmal, dass mit dem Pkw kein Durchkommen möglich ist.

Siniscola, historisches GebäudeBei einem Bummel durch die engen und schattigen Gassen des centro storico werden ihnen zwischen den neuen oder restaurierten Wohnhäusern noch etliche typische historische Bauwerke auffallen, die über Jahrhunderte das Ortsbild prägten.
Diese oft winzigen Gebäude sind bereits seit Jahrzehnten unbewohnt und werden wohl nach und nach aus dem Ortsbild verschwinden.

Archäologische Funde belegen, dass die Gegend wegen ihrer vorteilhaften geografischen Lage schon zur Zeit der Nuragher bewohnt war. Die erste größere Ansiedlung geht wahrscheinlich auf die Etrusker zurück, bevor Sardinien von den Karthagern erobert wurde.
Unter den Karthagern entwickelten sich Olbia und Feronia zu den wichtigsten Häfen an der Ostküste. Feronia konnte bisher nicht sicher lokalisiert werden, es lag vermutlich in der Gegend des heutigen Posada.
Die Römer machten später das damalige Siniscola zu einem Militärstützpunkt. Nachdem Feronia von den Vandalen zerstört wurde, suchten dessen Einwohner Schutz im Landesinneren, wodurch sich Siniscola zum wichtigsten Ort der Umgebung entwickelte.

siniscola, centro storicoDie Herkunft des Ortsnamens Siniscola, sard. Thiniscole ist nicht völlig geklärt. Vermutlich entstand er im Mittelalter aus dem lateinischen „finis scholae“, weil der damalige Ort an der südlichen Grenze der Gerichtsbarkeit der Gallura lag. Eine weitere Hypothese berichtet von einem Besuch von Bischof Bonifacius aus Senafer, der im Jahr 484 anlässlich einer Synode hierher kam. Daraus folgern einige Historiker, dass der Name Siniscola sich von Senafer ableitet.

Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1263, als der Erzbischof von Pisa im Hafen von Santa Lucia ankam.
1514 griffen sarazenische Piraten während der spanischen Fremdherrschaft den Küstenabschnitt an. Das führte zum Bau der heute noch erhaltenen Wachtürme von Santa Lucia und San Giovanni (siehe Karte) sowie einiger Verteidigungsmauern.

Im 17. und 18. Jahrhundert nahm der Seehandel stark zu. Siniscola verfügte über zwei Häfen in Santa Lucia und Predas-Niedda (heute La Caletta), wodurch der Ort weiter an Bedeutung gewann.

Waschplatz „Sa Untana“

Siniscola, WaschplatzEtwas unterhalb der belebten Via Olbia ist noch ein alter Waschplatz erhalten, wie er früher für die meisten sardischen Orte typisch war. (siehe Karte)
Die ursprüngliche Anlage wurde 1870 gebaut. Das Wasser wurde aus der Grotte Gana ‚e Gortoe hergeleitet, speiste den Brunnen für Trink- und Waschwasser und füllte die Viehtränke, die sich ebenfalls hier befand.
Die Frauen mussten damals alles Wasser, das im Haus benötigt wurde, in großen Krügen heim tragen.
1911 wurde „Sa Untana“ aus hygienischen Gründen abgerissen. Weil die Nachfrage in der Bevölkerung aber so stark war, wurde der Brunnen kurz darauf neu errichtet – diesmal ohne Viehtränke.
1932 baute man einen Kanal, der das Wasser aus der Grotte durch den Brunnen bis zum Rio Siniscola leitete, wo es auch für die Bewässerung von Feldern genutzt wurde.

Siniscola, Brunnen und Waschplatz1935 wurden in Siniscola weitere Brunnen gebaut, um der Bevölkerung die Wasserversorgung zu erleichtern. Sa Untana verlor dadurch etwas an Bedeutung, blieb aber der einzige öffentliche Platz, an dem man Wäsche waschen konnte.
Neben dem Brunnen entstand eine neue Viehtränke, die bald zum Treffpunkt der Viehhändler wurde. Diese trafen sich hier auf dem Weg zum Markt, um die Preise auszuhandeln.
In den 1950ern verschwand die Tränke wieder und an ihrer Stelle wurde die erste Tankstelle von Siniscola gebaut, die heute aber nicht mehr existiert.
Sa Untana spielte eine bedeutende soziale Rolle im täglichen Leben und war ein wichtiger Ort der Kommunikation für die Bevölkerung.
Bei Beerdigungen war es üblich, dass der Priester hier die letzte Segnung gab, bevor man wieder in die Kirche ging.

Eine Legende handelt von den „Sas Panas“, den Seelen von Frauen die bei der Entbindung gestorben waren. Einen Monat lang kamen diese jede Mitternacht an den Brunnen, um ihre blutigen Kleider zu waschen. Deshalb wurde einen Monat lang nach einem solchen traurigen Ereignis keine Wäsche auf die Steine geschlagen.
Andernfalls hätten die Seelen dieser Frauen niemals Ruhe gefunden.

Spiaggia dei Confetti

Spiaggia dei confettiSüdlich von Santa Lucia endet der feine Sandstrand und die Küste beginnt felsig zu werden. Hier lässt auch der Touristenrummel deutlich nach.
Etwa 500 m vom südlichen Ortsrand entfernt liegt der wenig bekannte Strand „Spiaggia dei Confetti“ (Konfekt-Strand).
In mehreren kleinen beschaulichen Buchten wurden kleine rundgewaschene Steine in allen möglichen Farben angespült und bilden einen bezaubernden Strand.
Zum Baden sind die Buchten wegen den unter Wasser liegenden Felsen weniger geeignet, aber Sie können hier herrliche und meist auch sehr ruhige Spaziergänge unternehmen.
Direkt am Strand zieht sich ein Weg Richtung Capo Comino. Gleich dahinter erstreckt sich ein ausgedehnter Pinienwald in dessen Schatten mehrere Picknicktische stehen.
Oft zelten hier auch einige Wildcamper.

Von Siniscola nach Sant‘ Anna

an der Straße nach Sant' AnnaAb Siniscola führt über wilde Serpentinen eine Straße an den Hängen des Monte Albo hinauf.
Auf der Fahrt nach Sant‘ Anna bieten sich herrliche Ausblicke auf die Küstenebene. (Foto)

Obwohl das Meer immer in Sichtweite ist, herrschen hier oben selbst im Hochsommer oft sehr angenehm frische Temperaturen.
An der Straße befinden sich mehrere Zufahrten zu den Quellen und Wanderwegen an den Berghängen. Wenn Sie mit einem normalen Pkw unterwegs sind, lassen Sie ihr Auto am besten gleich zu Beginn stehen und gehen die unbefestigten Pisten zu Fuß weiter.
Oben bei Sant‘ Anna geht es geradeaus hinab nach Lodé und links in Richtung Lula. Beide Strecken sind landschaftlich sehr schön und wegen ihres Kurvenreichtums vor allem bei Motorradfahrern beliebt.

Am Monte Albo nach Lula

Monte AlboDie Straße nach Lula führt an den Nordhängen des Monte Albo entlang etwa 25 km nach Südwesten.
Hier herrscht nur sehr wenig Verkehr. Allerdings ist eine vorsichtige Fahrweise nötig, weil sich in dieser einsamen Gegend oft Ziegen und Schafe auf der Fahrbahn befinden.
Kurz hinter Sant‘ Anna erinnern die Kalkmassive des Monte Albo sehr an die Gipfel der Alpen. Es gibt einige Parkplätze, falls Sie hier wandern möchten. Während der Monte Albo von der SS 131 aus betrachtet, einen unbezwingbaren Eindruck erweckt, sind die Höhenunterschiede hier oben nicht mehr so groß.
Von den Gipfeln hat man einen phantastischen Blick auf die Küste, bis weit in den Norden zur Isola Tavolara und bei guter Sicht sogar bis Korsika.
Je weiter man in Richtung Lula fährt, desto grüner werden die Berghänge. Die Straße führt durch teilweise dichte Wälder hindurch.

Janna’e Pruna und Su Notante

Tempel Janna 'e PrunaDiese beiden archäologischen Stätten sind derzeit noch ein echter Geheimtipp, da sie in der deutschsprachigen Reiseliteratur kaum erwähnt werden.
Der Tempel Janna’e Pruna steht auf einer Passhöhe am Monte Senes. Hier führte bereits in der Bronzezeit ein wichtiger Verbindungsweg zwischen den Tälern des Cedrino und des Riu Siniscola entlang. Allein die Aussicht von hier oben in die beiden benachbarten Täler und hinüber zum Monte Albo ist grandios.

Anfahrt: Von Capo Comino oder Irgoli gibt es zwei Möglichkeiten, die gut beschildert sind. Von der SP72 zweigen etwa bei km 1 und 5 zwei durchgehend beschilderte Zufahrten ab.(braune Wegweiser)
Beide Stecken sind sehr schmal aber gut befahrbar und 11 km bzw 8 km lang.

Von der anderen Seite, aus Richtung Nuoro, Olbia oder Siniscola kommend, sind (bisher) keine Wegweiser vorhanden.
Von der Schnellstraße SS131dcn nehmen Sie die südliche Ausfahrt „Siniscola, Orosei“ und biegen gleich nach der Abfahrt rechts in die SP45 ein. Dieser folgen Sie etwa 6 km und biegen dann links in eine schmale Straße ab. (dieser Abzweig ist auf der Karte mit „G“ markiert). Die Straße ist durchgehend asphaltiert und windet sich 7 km den Berg hinauf. An der Einmündung oben biegen Sie links ab und nach 100 m liegt der Tempel auf der rechten Seite.

Hauotraum des Tempels Janna 'e PrunaDas Heiligtum wurde von den Nuraghern gegen Ende der Bronzezeit erbaut. Es besteht aus zwei Räumen – einem kleinen rechteckigen Vorraum und einem runden Hauptraum, der auch eine Feuerstelle enthielt. Die Stärke der an dieser Feuerstelle ausgegrabenen Schichten lässt eine Nutzung von mindestens 200 Jahren vermuten.

Für den Bau benutzte man Granitblöcke aus der näheren Umgebung, die grob in Form gehauen und ohne Mörtel aufgeschichtet wurden. Das Dach bestand vermutlich aus einem Tholos-Gewölbe.
Der Vorhof ist von einer elliptischen Mauer umgeben und eine weitere rechteckige Mauer verlief um den gesamten Tempel. Beide sind noch gut erkennbar.

Nebengebäude des TempelsWährend der Ausgrabungen stieß man auf die Reste von zwei weiteren benachbarten Gebäuden, deren Zweck noch ungeklärt ist. Die Fußböden sind jeweils mit großen Steinplatten ausgelegt.
Leider kam es hier zu illegalen Raub-Grabungen, bei denen Teile des einen Gebäudes zerstört wurden. Deshalb ist das Gelände inzwischen umzäunt und darf nicht mehr frei besichtigt werden. Es werden Führungen auf Italienisch und Englisch angeboten.
Die während der Ausgrabungen freigelegten Fundstücke sind im Museum von Irgoli ausgestellt. Im Ticketpreis ist auch der Besuch dieses Museums enthalten.

Hinter dem Tempel hat man eine „area didattica“ eingerichtet.
In nachgebauten nuraghischen Rundhütten führt man Schüler der 4. und 5. Klassen an die Archäologie und die sardische Geschichte heran. Es werden z.B. Kopien von Fundstücken versteckt, die dann von den begeisterten Schülern entdeckt und freigelegt werden.

Brunnenheiligtum Su NotanteEtwa 250 m unterhalb des Tempels befinden sich noch die Reste des nuraghischen Brunnenheiligtums „Su Notante“.
Der Brunnen steht an einem Hang im schattigen Tal des Riu Remulis, der hier sein Quellgebiet hat.
In den 1920er Jahren hat man leider auf der Suche nach Wasser (und der anschließenden Einfassung einer Quelle mit Beton) große Teile des Heiligtums zerstört. Erst 1994 erfolgten hier systematische Ausgrabungen. Die Betoneinfassung steht immer noch.
Der kleine Brunnen hat große Ähnlichkeit mit dem Brunnentempel Su Tempiesu. Auch hier bei Su Notante wurden für den Bau präzis bearbeitete Blöcke aus Basalt verwendet. Dieses Gestein kommt in der Umgebung nicht vor und wurde extra aus der Gegend von Orosei hierher transportiert.
Der dabei betriebene Aufwand lässt auf eine große Bedeutung des heiligen Brunnens und des benachbarten Tempels schließen.

www.janirgoli.it/